Der TSVN betrat Neuland, denn erstmals in der Vereinsgeschichte mußte er zu einem Spiel in Wiesensteig antreten. Im wohl landschaftlich am schönsten gelegenen Sportgelände der Bezirksliga galt es aber nicht die Idylle zu genießen, sondern drei weitere Zähler einzufahren. Dies taten die Mannen von Jorgo Karatailidis denn auch über weite Strecke souverän. Doch was dann in den letzten zehn Minuten passierte, trieb dem grünweißen Tross den Angstschweiß auf die Stirn. Auf dem sehr guten Rasenplatz machte man plötzlich in allen Mannschaftsteilen viel falsch und wäre so beinahe um die hochverdienten Früchte der Arbeit gebracht worden.

Ein Freistoß von Denis Köhler, der in der Mauer hängen blieb (3.) bildete den Auftakt zu einer Partie, in der der TSV Neckartailfingen gegen den in seinen Mitteln doch arg limitierten Aufsteiger in allen Belangen überlegen sein sollte. Von der sportlichen Leitung gut eingestellt, erfüllte das gesamte Kollektiv die taktischen Vorgaben und so tat sich Tobias Haverkamp nach einem Zuspiel von Moritz Krasser die nächste gute Möglichkeit auf. Sein Linksschuß aus aussichtsreicher Position zischte jedoch über den Balken (4.). Der TSV Obere Fils konnte danach nur etwas Gefährlichkeit ausstrahlen, weil Schiri Philipp Oppold eine klare Abseitsstellung von Giovanni Bunjan übersah, aber der Stürmer schließlich noch abgefangen werden konnte.

In der 9. Minute eine identische Situation wie zuvor bei Haverkamp. Mo Krasser passte wieder auf links und diesmal kurvte der agile Bastian Nagel von dieser Seite in den Strafraum. Sein flacher Versuch mit dem "falschen" Fuß war allerdings zu schwach, um Keeper Christian Mayer in Gefahr bringen zu können. Ein weiter Freistoß des neuen Kapitäns Manuel Schneider konnte in der 15. Minute von Marco Hensel nur mit Mühe zur Ecke gelenkt werden, die dann wiederum aus dem Sechzehner geköpft wurde. Lucas Böpple nahm den Flugball aus 18 Metern direkt, doch Mayer stand goldrichtig. Es ging geradewegs in diesem Stil weiter. So jagte Benjamin Frimmel sein Geschoss per Vollspann an der Dreiangel vorbei (21.) und zwei Minuten später sah Philipp Oppold Tobias Haverkamp fälschlicherweise im Abseits.

Nach 26 Minuten wurden die Mühen und das druckvolle TSV-Spiel endlich belohnt. Niemand aus Wiesensteig und Mühlhausen kümmerte sich im Halbfeld um Manuel Schneider, der zog auf und sein flaches Geschoss aus 25 Metern schlug unhaltbar im unteren Eck ein. Der Bann war gebrochen und Denis Köhler legte nach. Sein Freistoß nach Foul an Moritz Krasser aus ähnlicher Entfernung schaffte es um die Mauer herum und Torhüter Mayer sah bei dem Aufsetzer gar nicht gut aus - 0:2 (32.). Danach folgte die erste Phase, in der die Gäste vogelwild agierten und die Hausherren zu zwei Chancen eingeladen wurden. Marc Vogelmann spielte etwas unnötig Stefan Wilhelm an, der prompt einen Fehlpass produzierte. Emre Kilic hatte jedoch aufgepasst und Burak Selcuk setzte den Nachschuss drüber (41.). Sechzig Sekunden später mißlang Torhüger Vogelmann ein Abschlag, doch mit einer Prachtparade gegen Giovanni Bunjan wetzte der junge Goalie seinen Fehler wieder klasse aus.

Kurz vor dem Seitenwechsel schien die Partie bereits vorzeitig entschieden, weil der wieder eine starke Vorstellung bietende Emre Kilic am Strafraum der Gastgeber den Ball mit der Brust abfing, abtropfen ließ und mit einem gefühlvollen Lobb den verduzten Christian Mayer überwand. Nach der Pause änderte sich am Spielverlauf rein gar nichts und nach einer Staffette über Haverkamp und Krasser nahm Lucas Böpple das Spielobjekt mit dem Aussenrist. Mayer konnte mit Mühe geradenoch zur Ecke fingern. Nur mit einem Freistoß von Burak Selcuk konnte der Neuling so etwas wie Gefahr verbreiten (54.), doch zwei Zeigerumdrehungen später schon wieder die nächste Chance für die diesmal ganz in Weiß aufgelaufenen Aileswasen-Kicker. Bastian Nagels flacher Schrägschuß wehrte Mayer mit der Fußspitze ab und Moritz Krasser köpfte den Abpraller vorbei.

Wie aus dem Nichts kamen die Schützlinge von Stefan Haussmann in der 64. Minute zum Anschlutreffer. Der ansonsten wieder mehr als ordentlich spielende Denis Köhler verlor den Zweikampf gegen den eingewechselten Marco Florida und der schloss seinen Alleingang flach ins lange Eck ab. Vier Minuten danach hätte Robin Plachy aber schon wieder den alten Abstand herstellen können. Geschickt nahm er dem tändelnden David Straub den Ball ab und lief alleine auf das Obere Fils-Tor zu. Mit einem etwas frühen Schlenzer verfehlte er jedoch den Kasten hauchdünn. Viel besser machte es Plachy in der 77. Minute, als es für die biedere Fusionself einfach zu schnell ging. Nach einer für sie verwirrenden Kombination hatte der TSV-Torjäger wieder freie Fahrt und ließ diesmal Mayer keine Chance.

4:1 und nichtmal mehr eine Viertelstunde zu spielen, was sollte da noch schiefgehen? Als es nach einer Attacke an Marco Florida nach Elfmeter roch (79.) und Marc Vogelmann gegen Basri Ponik vollen Einsatz zeigen mußte, nahm anscheinend noch niemand die Lage richtig ernst. Doch auf einmal stand die gesamte Mannschaft viel zu tief, sodass die Gastgeber immer gefährlicher in die Nähe des Neckartailfinger Strafraums kommen konnten. Und tatsächlich wurde die Mischung aus Sorglosigkeit und Überheblichkeit in der 84. Minute bestraft. An eine hohe Hereingabe brachte Bunjan seinen Hinterkopf vor Marc Vogelmanns Faust an den Ball und die Kugel segelte in hohem Bogen unters Gebälk. Doch wieder hätte der TSVN kurz darauf allen Eventualitäten eine Ende bereiten können. Denis Köhler lief, eskortiert von zwei Mitspielern, mutterseelenallein auf Christian Mayer zu und setzte, alle Optionen besitzend, den Ball sehr leichtfertig neben den Pfosten.

Der TSV Obere Fils hatte schon eine Woche zuvor in Esslingen Moral bewiesen und ein 0:2 aufgeholt. Und auch an diesem Tag steckte der Aufsteiger nicht zurück. Im Gegenteil. In der 90. Minute gelang dem TSVO tatsächlich der Anschlußtreffer zum 3:4. Auf der rechten Seite stand Sandro Hensel meterweis im Abseits, legte flach in die Mitte und Marco Hensel brauchte nur noch einzuschieben. Jetzt war die Kacke am dampfen, weil der so lange souveräne TSVN nun völlig von der Rolle war und die Wiesensteiger nun Blut geleckt hatten. Die dreiminütige Nachspielzeit war fast vorüber als es zu tumultartigen Szenen vor der Torlinie der Gäste kam und Stefan Wilhelm in höchster Not klären mußte. Plötzlich ein Pfiff und Schiri Oppold schien zur Mitte zu zeigen, hatte jedoch auf Abseits entschieden. Das in den Adern gefrorene Blut taute erst wieder auf, als der Mann aus Illerrieden die Begegnung beendete.

Statt eines hohen Sieges mußte sich der TSV Neckartailfingen mit einem am Ende noch glücklichen Dreier zufrieden geben. Wer weiß aber, zu was der vermiedene Kantersieg gut sein kann, denn eine Tabellenführung zu diesem frühen Zeitpunkt hätte wohl bei einigen wieder zu große Erwartungen geweckt. Was die Mannschaft leisten kann, bewies sie über weite Strecken, doch liegt es in der Natur der Sache, dass die jungen Spieler hin und wieder Fehler machen und auch dürfen. Die Routiniers allerdings sollten ihre Nerven besser im Griff haben, als in der turbulenten Schlußphase.

TSV Obere Fils: Mayer, Schreiner (7. Daniel Straub, 46. Florida), Bunjan, Sandro Hensel, Eichinger, Marco Hensel, Selcuk, Allmendinger, Göser, Benitsch (63. David Straub), Ponik

TSV Neckartailfingen: Vogelmann, Haverkamp (70. Aktas), Stefan Wilhelm, Schneider, Krasser, Frimmel (77. Bah), Köhler, Matthias Wilhelm, Nagel (70. Blank), Böpple (59. Plachy), Kilic

Schiedsrichter: Philipp Oppold (Illerrieden) leitete bis auf ein paar Abseitsprobleme gut

Zuschauer: 120

Tore: 0:1 (26.) Schneider, 0:2 (32.) Köhler, 0:3 (45.) Kilic, 1:3 (64.) Florida, 1:4 (77.) Plachy, 2:4 (84.) Bunjan, 3:4 (90.) Marco Hensel