Es war der Tag des Abschiednehmens. Trainer und Spieler Michael Bezirgiannidis, Kapitän Dominic Ruopp, Co-Trainer und Spieler Steffen Jehle, sowie Torjäger Timo Bezirgianidis traten zum letzten Mal im heimischen Aileswasen auf und wurden für die Galerie vorzeitig ausgewechselt. Und noch einer sagte nach zahllosen Comebacks endgültig Adieu: Thomas Mölders. Der 48jährige Torwartmethusalem sprang und hüpfte nochmals in seinem Kasten herum wie ein Jungspund und zeigte Klasseparaden. Trotz der Wechselorgie blieb die Mannschaft erstaunlicherweise stabil und verdeutlichte, was in dieser Saison eigentlich möglich gewesen wäre.

150 Zuschauer erlebten eine außergewöhnliche Partie auf dem durch den einsetzenden Regen immer schneller werdenden Geläuf. Das präsentierte sich in bestmöglichem Zustand und beide Mannschaften nutzten die hervorragenden Platzverhältnisse zu einer Begegnung, die es in sich hatte. Tempo, Rasse, aber auch Fairness prägten die 95 Minuten und Schiedsrichter Emrah Benzetti passte sich nahtlos dem packenden Geschehen an. Dennoch schien es zeitweise so, als würden die Grünweissen erneut einen Gegner wegen nicht konsequenter Chancenverwertung wieder vom Haken lassen. Doch diesmal taten sie dies nicht, sondern schlugen immer zurück, wenn der starke Gast von der Hohenstaufenstraße glaubte, das Spiel umbiegen zu können.

Der randvolle Notizzettel quoll geradezu über vor "heißen" Szenen. Den ersten von unzähligen Flankenläufen zeigte schon in der 2. Minute Robin Plachy, verzog aber die Hereingabe. Dann drückte Emre Sahin aus 30 Metern gewaltig ab und Thomas Mölders mußte seinen ersten Arbeitsnachweis erbringen (5.). Bereits in der Anfangsphase ging es rauf und runter und als Torhüter Emre Tekin nur ungenügend abwehren konnte nahm Jonas Bayha den Abpraller direkt. Aus 25 Metern zischte das Geschoss jedoch über den Balken (7.). Es kehrte keine Ruhephase ein, denn in der 12. Minute flankte Michael Bezirgiannids, sein Bruder Timo setzte zum Scherenschlag an, doch Yavuz Yüsel brachte seinen Kopf dazwischen.

Sechzig Sekunden später kurvte Yunus Yilmaz aus abseitsverdächtiger Position von links in den Strafraum. Thomas Mölders machte mit seiner ganzen Routine das kurze Eck zu und bog den Kracher um den Pfosten. Bis zum Ende der ersten halben Stunde verlor die Partie zwar nicht an Tempo, die Torszenen wurden jetzt aber kurzfristig etwas weniger. Asim Sanlialp war es dann, der in der 31. Minute den vorübergehenden Waffenstillstand aufhob. Kurz vor dem Sechzehner zog der SGM-Angreifer flach und mit Schmackes ab, "Macke" Mölders Fuss zuckte raus und lenkte das Geschoss an seinem Gehäuse vorbei. Die bis dato dickste Möglichkeit für die Hausherren folgte eine Zeigerumdrehung später. Jonas Bayha's 50-Meter-Diagonalpass nahm Timo Bezirgianidis geschickt mit der Brust mit, war an an seinem Bewacher Ömer Nehir vorbei und stand alleine vor Keeper Tekin. Auch der T/T-Schlußmann zeigte aber seine Fußqualitäten und wehrte ab.

Der bullige Emre Sahin tankte sich in der 35. Minute durch, kam mit seiner Flanke indes nicht an der Brust von Stefan Wilhelm vorbei. Die folgende Ecke nagelte der aufgerückte Gaetano Caruana an den Aussenpfosten. Die Kontrahenden gönnten sich weiterhin keine Verschaufpausen und so stand Timo Bezirgianidis in der 43. Minute erneut vor dem 1:0. Mit letztem Einsatz und elfmeterverdächtig am kontrollierten Abschluß gehindert, scheiterte er erneut an Tekin. Wenig später wurde der unermüdliche Einsatz des Torjägers belohnt. Am hinteren Pfosten lauernd, köpfte Bezirgianidis einen Eckball von Manuel Schneider aus spitzem Winkel zur Führung ein.

Bereits die erste Aktion nach dem Seitenwechsel deutete an, dass auch der zweite Durchgang nicht langweilig werden sollte. Im Gegenteil. Den Auftaktangriff beendete Manuel Schneider mit einer genauen Flanke und Robin Plachy ging mit der versuchten Direktabnahme volles, aber erfolgloses Risiko (46.). Der Tabellendritte hielt allerdings auch nicht hinterm Berg, denn der eingewechselte Torjäger Liridon Elezaj prüfte Thomas Mölders aus zwanzig Metern mit einem fulminanten Flachschuß. Die Szenen mit Torgefahr häuften sich zunehmend und in der 57. Minute schien das 2:0 fällig. Über Manuel Schneider und Emre Kilic erlangte Timo Bezirgianidis wiederum freie Fahrt in Richtung Tekin, der mit der nächsten Fussabwehr den Einschlag verhinderte. Der abgeblockte Ball rollte jedoch in Richtung Jonas Bayha und der jagte die Kugel mit Vehemenz aus etwa 25 Metern ans Lattenkreuz.

Es war die Phase, in der die Grünweissen wiedermal zu vergessen schienen, endlich den Sack zuzumachen. So köpfte Yavuz Yüsel einen Schlenzer von Timo Bezirgianidis vor dem Einschlag weg (60.) und als Stefan Wilhelm Torhüter Tekin samt Ball über die Linie rammte, zählte der Treffer natürlich nicht (62.). Emre Tekin hatte es allerdings eilig und sein überhastet ausgeführter Freistoß wurde von Moritz Krasser am Sechzehner abgefangen. Krasser konnte nur durch ein Foul gestoppt werden und Tekin machte bei Manuel Schneiders gefährlichem Freistoß seinen Fehler wieder gut. Und tatsächlich schien die fehlerhafte Chancenverwertung wieder ins Auge zu gehen, denn nach 64 Minuten stand es plötzlich 1:1. Der pfeilschnelle Alperen Kidik war auf Linksaussen nicht einzufangen und Yunus Yilmaz traf per Dropkick in den Winkel.

Die spielstarken Gäste konnten sich aber nicht lange am Ausgleich erfreuen. Timo Bezirgianidis schlug einen langen Ball in den Lauf des seinen gefühlt 20. Spurt absolvierenden Robin Plachy und der behielt diesmal die Nerven. Mit dem Außenrist schlenzte er am herauslaufenden Tekin vorbei zum 2:1 in die Maschen (67.). Es sollte weiter eine nervige Angelegenheit bleiben, zumal Benjamin Elezaj in der 75. Minute völlig unbehelligt im Strafraum angespielt wurde. Der Einwechselspieler schlug noch zwei Haken und traf ins lange Eck. Die Göppinger Gäste feierten euphorisch und wohl auch etwas zu lange. Zunächst zielte ein Plachy-Konter noch ins Leere, doch in der gleichen Minute (76.) war der überragende TSV-Angreifer hellwach, spritzte zwischen Torhüter Tekin und zwei seiner Abwehrspieler. Von der Strafraumlinie lupfte Plachy zum 3:2 den Ball in den leeren Kasten.

Zwischenzeitlich war auch der Ex-Nellinger Albert Sajinovic eingewechselt worden und der zwang in der 77. Minute mit einem Mordskracher Thomas Mölders zu seiner spektakulärsten Parade. Das Spiel wollte sich partout nicht beruhigen und wieder eine Minute später führte eine Kombi Plachy-Bayha-Plachy zur nächsten Möglichkeit. Letzterem rutschte die nun glitschige Kugel aber über den Schlappen. Merklich aufsteigende Form zeigte Moritz Krasser und sein Slalom konnte erst mit einem Foul gestoppt werden. Dominic Ruopp's Freistoß wurde von der Mauer zur Ecke gelenkt (81.). Dann wäre Benjamin Frimmel bei seinem Comeback nach langer Verletzung fast erfolgreich gewesen, traf aber am Elfmeterpunkt den Ball nicht voll (82.). Glück für die Hausherren schließlich in der 84. Minute, als Manuel Schneider Benjamin Elezaj aushebelte und nur Zentimeter zum Strafstoß fehlten.

Die sich noch dick im Relegationsrennen befindlichen Gäste wußten um die für sie positiven Ergebnisse auf den anderen Plätzen und setzten in der Endphase alles daran, wenigstens einen Punkt zu retten und kamen zu brisanten Möglichkeiten. 87.: Elezaj läßt von der Brust prallen und Emre Sahin verfehlt den Kasten volley nur knapp. 90.: Liridon Elezaj hämmert einen Freistoß in Richtung Mölders und der bringt geradenoch die Fäuste dran. Doch dann machte der TSV dem Spuk ein Ende. Bastian Nagel holte sich mit viel Einsatz das Spielobjekt und jagte Robin Plachy nochmals die Linie hinunter. Auf der letzten Rille entwischte der den nun ebenfalls müden T/T-Abwehrspielern und lochte mit seinem dritten Treffer zum 4:2 (90.+2) ein. Manuel Schneider hätte nach Moritz Krassers und Plachys Vorarbeit sogar noch das 5:2 machen können, Emre Tekin hatte jedoch was dagegen. Und so gehörte die letzte Szene dieser mindestens Landesliganiveau besitzenden Begegnung dem Ältesten auf dem Platz. Nochmals hatte Emre Sahin die Feder gespannt und Thomas Mölders parierte den gewaltigen Hammer mit Bravour (90.+5).

Nur der TSV Deizisau, von dem nun eine Bierlieferung zu erwarten ist, konnte von den Spitzenteams im Aileswasen gewinnen und so ist zu konstatieren, dass die Grünhemden ausgerechnet gegen einige Underdogs eine viel bessere Platzierung verspielt haben. Ein mehr als versöhnlicher Heimabschluss entschädigte die begeisterten TSV-Anhänger für diese Enttäuschungen. Jetzt können die Kicker vom Neckar beim neuen Meister FC Eislingen an der Fils noch eins drauf setzen.

TSV Neckartailfingen: Mölders, Ruopp (89. Xenitidis), Stefan Wilhelm, Schneider, Michael Bezirgiannidis (51. Krasser), Jehle (68. Frimmel), Matthias Wilhelm, Bayha, Plachy, Timo Bezirgianidis (76. Nagel), Kilic

SGM T/T Göppingen: Tekin, Kidik, Nehir (54. Sajinovc), Yüsel, Caruana, Hakan Sahin, Emre Sahin, Sat, Yilmaz (71. Benjamin Elezaj), Aksancak (46. Liridon Elezaj), Sanlilap

Schiedsrichter: Emrah Benzetti (Murrhardt) leitete ohne Fehl und Tadel

Zuschauer: 150

Tore: 1:0 (44.) Timo Bezirgianidis, 1:1 (64.) Yilmaz, 2:1 (67.) Plachy, 2:2 (75.) Benjamin Elezaj, 3:2 (76.) Plachy, 4:2 (90.+2) Plachy